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Wiener Kaffeehäuser – Eine Legende. Eine Institution.
Es ist soweit: die Tage werden kürzer und die Temperaturen sinken dramatisch – die kalte Jahreszeit ist da. Zeit also für kuschelige Beschäftigungs-Alternativen.
Wenn man seine Wohnung zwar mag, aber an einem Winterwochenende vielleicht doch nicht mit seiner Couch verschmelzen möchte, dann sollte man ein Wiener Kaffeehaus ganz oben auf seiner Liste der gemütlichen Aktivitäten haben. Ich zeige euch meine liebsten traditionellen Wiener Kaffeehäuser.
Die Tradition.
Damals – in der Zeit in der vermeintlich alles besser war – wollten sich die Menschen Heizkosten sparen, bzw konnten sich diese gar nicht leisten, und sind ins Wiener Kaffeehaus geflüchtet um sich dort aufzuwärmen.
Man hat sich hier getroffen, einen Kaffee getrunken und eine Mehlspeise bestellt, dabei Zeitungen in den wunderschönen, riesigen Zeitungshaltern gelesen. Man ist am Kamin gesessen und hat so tatsächlich sehr viele Stunden bei einem einzigen Getränk verbracht. Man hat sich ausgetauscht, das galt auch für die Künstler- und Kreativszene dieser Zeit.
Das ist das Eine, das Wiener Kaffeehäuser ausmacht. Dieser Charme einfach zu sein, ein bissl schauen, ein bissl plaudern, ein bissl genießen. Das können wir Wiener ganz gut. Ach ja… Bier und der ein oder andere Spritzwein werden hier übrigens vielleicht sogar öfter serviert als Kaffee.
Nicht daheim und doch zu Hause.
So fühlen sich die wirklichen Wiener Kaffeehäuser an: Beim Betreten liegt ein süßlicher Mehlspeisengeruch – gemischt mit Kaffeegeruch – in der Luft, die Möbel sind gepolstert, direkt an den Fenstern befinden sich kleine Nischen die Logen genannt werden (hier befinden sich natürlich die begehrtesten Plätze) und ein bisschen schummrig muss es sein. Neben der Ausschank steht eine Glasvitrine in der die Mehlspeisen zum Bestaunen ausgestellt sind: echtes Soulfood.
Nicht wegen dem Kaffee, aber schon wegen den Mehlspeisen, dem Flair und vielleicht sogar wegen den ‚grantlerten‘ Kellnern, die ja beinahe weltbekannt sind für ihre schlechte Laune, deswegen stattet man dem Wiener Kaffeehaus einen Besuch ab. So ist der Ruf.
Das Grantln der Kellner und der Geruch der Mehlspeisen. Unbezahlbare Momente.
Schauen wir uns ein paar Wiener Kaffeehaus-Legenden an:
Café Hawelka.
Das Café in der Wiener Innenstadt, nur wenige Schritte vom Graben entfernt, ist es: eine Institution. Das Hawelka ist ein ganz schlichtes Café und ähnelt tatsächlich mehr einem großen Wohnzimmer. Einem schummrigen Wohnzimmer. Renoviert wurde es nie wirklich: die Wände sind mit dunklem Holz vertäfelt, die Garnituren original, deswegen fühlt es sich auch so ursprünglich an und ein klein wenig wie eine Zeitreise.
Ich persönlich bin eine großer Café Hawelka Liebhaberin und habe schon so manchen Abend hier ausklingen lassen.
Abend deswegen, weil das Highlight hier um etwa 20 Uhr startet: die Buchteln! Hier ist also das beste Platzerl in der Innenstadt um sich – gerade in den kalten Wintermonaten – wieder aufzuwärmen.
Der Apfelstrudel und der Topfenstrudel (mit Vanillesauce!!) sind übrigens auch sensationell! Trinken: eine Melgange bitte sehr!
In der Nachkriegszeit war das Café Hawelka Literaturtreff für Künstler und angehende Künstler. HC Artmann, Ernst Fuchs, Alfred Hrdlicka, Friedensreich Hundertwasser, Helmut Qualtinger und viele mehr haben sich hier eingefunden. Während der 60er und 70er stellt das Café Hawelka alles dar, was in der Wiener Künstlerszene gefragt und frisch ist – so kommt unter anderem auch Andy Warhol in das Kultcafe.
Ein klein wenig unnützes Wissen für den nächsten Hawelka Besuch:
Im Hauptraum, über dem Sofa das zur Türe schaut, klebt ein Ass an der Decke. Ganz unscheinbar. Woher das kommt?
Auch Falco war hier Stammgast und liebte das Café so sehr, dass er seinen 30. Geburtstag hier feierte. Dazu wurde auch ein Zauberer geladen, der bei einem Trick das Ass an die Decke brachte. Seit dem ist es dort. Und bleibt dort.
Auch Falco war Stammgast im Café Hawelka.
Ich selbst kann mich sogar noch an Frau und Herrn Hawelka erinnern, als sie neben der Türe standen oder auch saßen und die Gäste begrüßten und auf die Tische patzierten. Das Café Hawelka ist für mich einfach Kult.
Ach ja, und das Lied von Georg Danzer ‚Jö schau so a Sau’ spielt auch hier. Ich hoffe ihr habt jetzt einen Ohrwurm!
Dorotheergasse 6, 1010 Wien, täglich ganztägig geöffnet (bis Mitternacht oder länger)
Café Jelinek.
Etwas versteckt und ganz unscheinbar findet sich das Café Jelinek in Wien Neubau. Auch hier wurde das Interieur nie verändert und auch hier ist es kein Ringstraßen-Prunk, sondern ein eher schummriges etwas verwinkeltes Versteck unweit von der hektischen Mariahilfer Straße.
Aufgrund dessen wird es auch schon mal ‚kleines Hawelka’ genannt, nur dass sich hier kaum Touristen finden.
Nach der – klassisch um die Kälte draußen zu halten – doppelten Türe, steht man vor einem alten Kamin und der Kuchentheke. Nach dem man sich ein Plätzchen gesucht hat, treibt es mich immer nochmal zur Kuchentheke für die genaue Inspektion. Leider sind hier selten Torten hinter dem Glas zu sehen – das fast einzige Manko hier. Für seinen Gugelhupf ist das Café Jelinek allerdings bekannt. Dafür gibt es ganztags Frühstück und andere Kaffeehaus Klassiker wie Würstel mit Saft und Semmel und Toast. Mit handgemachten Semmerln.
Die Seele das Lokals ist sind alte Kachelofen und die Bilder-Galerie an prominenten Gästen gleich daneben. Der Spruch über der Schank ‚Wer es eilig hat, wird hier nicht bedient’ lässt hier auch keine Fragen offen.
Dafür kommt man wegen dem Ambiente und auch um ganz abzuschalten, zu lesen oder zu schreiben. Hier hat man Ruhe und das ultimative Wohlfühl-Gefühl.
Otto-Bauer Gasse 5, 1060 Wien, täglich ganztags geöffnet (täglich bis 22 Uhr geöffnet)
Café Landtmann.
Eines der berühmtesten Wiener Kaffeehäuser ist das Café Landtmann. Nur einen Steinwurf vom Rathausplatz entfernt – zwischen Burgtheater und Hauptuniversität Wien steht das denkmalgeschützte Palais Lieben-Auspitz, in dessen Erdgeschoss sich das Café befindet. Direkt auf der Wiener Ringstraße in vollem Ringstraßen-Prunk. Außerdem natürlich die berühmten Mehlspeisen und der bekannten Wiener Küche für den größeren Hunger.
Ringstraßen Prunk: hohe Räume, Marmor-Tische und Thonet Stühle.
Etwas, das auch sehr typisch ist in Wiener Kaffeehäusern – aber nicht in jedem zu finden ist: das Klavier zur stilvollen Unterhaltung der Gäste. So kann man ganz nebenbei der Musik lauschen, ohne dass es zu aufdringlich ist und die Plauscherei stört. Klaviermusik gibt es hier übrigens Sonntag, Montag und Dienstag von 20 bis 23 Uhr.
Zu früheren Zeiten fanden sich hier Gäste ein wie Oskar Kokoschka, Max Reinhardt, Hans Moser, Romy Schneider und viele andere regelmäßig ein. Auch heute ist es noch ein beliebter Treffpunkt für Burgschauspieler, immerhin befindet sich das Burgtheater gleich nebenan, Politiker, sind doch Rathaus und Parlament direkt ums Eck, und andere Prominenz.
Warum man hier her kommt? Zum Schauen und vielleicht ein ganz ein kleines bisserl auch zum Gesehen werden…
Universitätsring 4, 1010 Wien, täglich ganztägig geöffnet (bis Mitternacht)
K&K Café Heiner
Der Vollständigkeit halber: K&K steht für Kaiserlich und Königlich. Betriebe die damals dem Kaiser bzw Königs-Haus gedient haben, bekamen diesen Titel. Bis heute wird der K&K Titel natürlich mit Stolz getragen.
Das Café Heiner hat mehrere Filialen, meine persönlicher Lieblings-Spot ist allerdings direkt auf der Kärntner Straße. Während draußen großer Trubel herrscht, ist es ein Versteck mitten in der Innenstadt. Der Eingang ist klein und im Erdgeschoss stehen nur wenige Tische – der Insider Tipp: weitergehen – an der Vitrine entlang – und die Stufen hinauf steigen. Mit etwas Glück gibt es im ersten Stock auch einen Platz am Fenster und man kann bei Torte und Kaffee direkt auf die Kärntner Straße schauen!
Die Preise sind – speziell für die Lage und Qualität – mehr als angebracht und ich LIEBE die Jubiläumstorte hier! Meiner Meinung nach – und glaubt mir, ich habe schon viele Torten in Wien gegessen – eine der BESTEN Torten der Stadt! Der Torten-Boden ist mit Krokant, dann eine Schicht Schoko- und weiße Schoko-Creme und dann ein Eierlikör Spiegel zur Krönung. Ich gebe ja zu es klingt ein komisch aber ich kenne niemanden (der Torten mag), der ihr nicht verfallen ist.
Essen ist ein Bedürfnis, genießen eine Kunst.
Kärntner Straße 21-23, 1010 Wien, täglich ganztägig geöffnet (täglich bis 19:30 Uhr geöffnet)
Café Sperl.
Das Café Sperl befindet sich auf der Gumpendorfer Straße – auch nicht weit der Mariahilfer Straße – und mutet auch dem Ringstraßen-Prunk an: Hohe Decken, Thonet Stühle und Marmor-Tische.
Ich war mit einer Freundin – Julia – im Café Sperl und möchte mit diesem kleinen Gesprächs-Verlauf das Gerücht der grantlerten Kellner auf den Tisch brignen:
Kellner: Was darf’s noch sein die Damen?
Ich: Wir überlegen noch.
Kellner: mit mir oder ohne mich?
Ich: mit
Kellner setzt sich zu uns auf die Bank
Kellner: was überlegen wir?
wir müssen lachen…
Ich: Welche Mehlspeise es wird…
Julia: Topfenstrudel oder Topfenschnitte
Wir alle drei mit sehr ernstem Gesicht – der ernsten Lage entsprechend…
Kellner: Verstehe… also… der Strudel ist sehr gut, die Schnitte auch – die Schnitte ist fluffiger und hat keine Rosinen.
Ich: Ah und der Strudel hat Rosinen?
Kellner: nein, auch nicht.
lachen
Julia und ich schauen uns an und wir entscheiden uns doch für die Schnitte… gemeinsam mit Kaffee… hier gibt es dann das nächste Thema…
Ich: und einen Melange dazu bitte – der ist bei euch ohne Schlagobers oder?
Kellner: Ein Melange ist immer ohne Schlagobers gnädige Frau
Ich: naja leider weiß man das nie so genau… (weil es in Wien leider tatsächlich immer unterschiedlich ist)
Kellner: Der Fürst Metternich würd sich im Grab umdrehn…
Ich: vielleicht, aber (leider musste ich meine Vergangenheit hier ans Tageslicht bringen… ich war jung usw…) ich habe im Café Sacher ein Praktikum gemacht als Schülerin und dort ist der Melange mit Schlagobers. Das ist fix.
Kellner: nein das is nix.
Ich – um das Gespräch abzukürzen: ok na alles gut dann bitte einen Melange dazu… danke!
herrlich… der Kellner steht auf und bringt uns ruck zuck unsere süße Gönnung. Dazu holen wir uns noch eine Tageszeitung… weil’s einfach so schön ist… und so viel Stil hat…
Zeitungen sind in Wiener Kaffeehäusern allgemein eine Pflicht-Ausstattung und davon sollte man auch gebrauch machen!
Im Café Sperl gibt es übrigens auch hervorragende Mittags-Menüs!
Gumpendorfer Straße 5, 1060 Wien täglich bis 22 Uhr geöffnet
Café Prückel
Das Café Prückel ist eine Mischung aus Ringstraßen Prunk – es liegt auch direkt an der Ringstraße, vis a vis vom MAK (Museum für angewandte Kunst) – und gemütlichem Wohnzimmer. Irgendwie ist hier beides vereint.
Und ja, unfreundliche Kellner haben HIER ihren Ursprung. Trotzdem ist das Café selbst total gemütlich und hat so viel Tradition und sensationelle Mehlspeise… was soll ich sagen. Also bin ich trotz der unfreundlichsten – und das ist hier schon viel schlimmer als nur grantln – Bedienung immer wieder hier, blende die Kellner aus und genieße das Flair. Auch das Mittagessen ist hier übrigens ausgezeichnet und Abends gibt es live Klavier Unterhaltung.
Ein absolutes Highlight ist allerdings die Crème-Schnitte! Diät besser auf den nächsten Tag schieben….
Im Keller gibt es auch ein kleines Theater – es lohnt sich hin und wieder mal einen Blick ins Programmheft zu werfen! Sehr minimalistisch und sagen wir mal vintage ist es dort – auf jeden Fall eine Erfahrung wert!
Stubenring 24, 1010 Wien, täglich bis 22Uhr geöffnet
Tipps für Wiener Kaffeehäuser
So… besonders für alle Nicht-WienerInen hier drei kleine, feine aber wichtige Tipps für euren Besuch in Wiener Kaffeehäusern:
Bitte bestellt ‚eine Sachertorte‘ nur im Hotel Sacher. Sonst ist es einfach eine Schoko-Torte. Ehrlich. Für die Salzburger ist es vielleicht vergleichbar wenn man Mirabell Mozartkugeln schenken würde statt die einzig originalen Fürst. Es gibt einfach immer nur ein Original 😉
Bleibt gemütlich. Kaffeehäuser sind nicht für ihre Schnelligkeit bekannt. Wenn ihr also in Eile seid dann lasst es lieber sein. Hier kommt man her um etwas zu bleiben. Wartezeiten für Kaffee, Kuchen und/oder Rechnung sollte man immer einplanen, weil hier ticken die Uhren anders.
Nutzt die Vielfalt an Tageszeitungen. In den wunderschönen Zeitungshaltern habt ihr eine riesige Auswahl an Zeitungen und es gibt wohl kaum schönere Orte und Arten Zeitung zu lesen.
Im Wiener Kaffeehaus kann man stundenlang einfach nur sitzen, lesen und schauen. Ich liebe es.
Bitte bestellt nie ‚Einen Kaffee‘ – die Karte ist lang und man bestellt ja zum Frühstück auch nicht ‚ein Ei‘. Also bitte – als jemand die selbst im Sacher 3 Monate ein Praktikum im Service gemacht hat – schaut euch einfach die Karte durch oder schmökert hier ein bisschen rein:
Die Kaffeespezialitäten.
Ob mit Orangenlikör, Mozart-Likör, einem Schuss Rum oder viele andere Varianten – wenn ihr wissen wollt, was es in Wiener Kaffeehäusern für Spezialitäten gibt, die sonst kaum zu finden sind – schaut zum Bericht über die Kaffeespezialitäten in Wien – hier.
Dort erfahrt ihr auch mehr zur Legende der Melange – weil was ist eigentlich genau der klassischste aller Kaffees in Wien?
Fazit: Ein Besuch in Wien ohne ein Besuch von Wiener Kaffeehäuser war definitiv nicht vollständig, denn hier findet man die Wiener Seele.
2 comments
Im Café Jelinek schmeckt neben der herausragenden Mohntorte/Mohnkuchen sogar der Kaffee 👍 Das ist in einem Wiener Café nicht selbstverständlich.
Lieber Kay!
Ja, der Kaffee in Kaffeehäusern ist leider nicht immer ein Highlight, aber das Ambiente macht es meist wieder gut. Oder man trinkt einfach weißen Spritzer 😉
Und ich glaube, ich muss auch bald wieder ins Jelinek… also nur wegen dem Kuchen natürlich…
Liebe Grüße
Marion